Publicis Media News Die Customer Journey im Wandel

von linearen zu nicht-linearen Modellen

Zu verstehen, wie Konsumenten zu Ihren Kaufentscheiden kommen, und mit welchen Touchpoints sie dabei in Berührung kommen, gilt heute als einer der Schlüssel für erfolgreiches Marketing. „Customer Journey“ ist das Schlagwort der Stunde. Natürlich ist das nicht wirklich etwas neues, aber die Customer Journey hat sich durch die Digitalisierung der Welt in den letzten Jahrzehnten erheblich verändert. Ebenso gewandelt haben sich auch die Erklärungsmodelle der Customer Journey.

Das Urmodell der Customer Journey war das AIDA-Modell. Dieses Modell wurde bereits 1897 von Elmo Lewis formuliert und war bis weit in unsere Tage mehr oder weniger die Ursprung aller gebräuchlichen Customer Journey-Modelle. Aus Absatzmarketing-Sicht beschreibt das AIDA-Modell in vier allseits bekannten Stufen den Weg zum Kauf eines Produkts (siehe Abb. 1):

Abb. 1: Das AIDA-Modell

Nachfolgende Modelle waren im Wesentlichen Weiterentwicklungen dieses Ansatzes. Der Grund für solche Weiterentwicklungen war u.a. die Einsicht, dass mit dem Kauf eines Produkts die Beziehung zwischen Marke und Konsument nicht vorbei ist, sondern gerade dann erst richtig beginnt. Bei ZenithOptimedia war seit 2004 der Consumer Pathway in Gebrauch, der die Customer Journey in sieben Stadien beschreibt: „Awareness“, „Involvement“, „Active Consideration“, „Purchase“, „Consumption“, Relationship Buildung“ und „Advocacy“. Die ersten vier Stadien sind mehr oder weniger Entsprechungen des AIDA-Modells, während die letzten drei Stufen einen CRM-Prozess beschreiben, der nach dem Kauf stattfindet und dessen Ziel neben dem Wiederkauf vor allem die Weiterempfehlung des Produkts ist. Analytisch wurde dieses Modell genutzt, um den „Focus of Effort“ der Kommunikation zu definieren und um die richtigen Touchpoints auszuwählen, die geeignet sind, um diesem Focus of Effort gerecht zu werden. Im Bereich vor dem Kaufakt setzt man eher auf Paid und Owned Media, während sich der Schwerpunkt nach dem Kauf eher zu Owned und Earned Media hin verschiebt (vgl. Abb 2).

Abb. 2: Das Consumer Pathway-Modell von ZenithOptimedia

Auf der Marketingseite wurden Funnel-Modelle sehr gebräuchlich, die sich in der Regel an Loyalitätsstufen zu Marken orientieren und häufig als Trichter (daher der Name „Funnel“) und manchmal auch als Pyramide dargestellt werden. Funnel-Modelle haben den Vorteil, dass sich rein optisch schon ablesen lässt, wie sich das Business-Potenzial einer Marke ausschöpfen liegt – nur wenn der Funnel auf allen Stufen wie z.B. Awareness, Consideration oder Relevant Set breit genug ist, kommt „unten“ bei „Purchase“ und „Loyalty“ auch genug an (vgl. Abb. 3). Gibt es eine z.B. eine hohe Awareness, aber zu viele Ablehner, die niemals die „Consideration“-Stufe erreichen, entsteht ein Engpass – dieser Mangel hat dann negative Auswirkungen bis zum Ende des Trichters, wo der Absatz schwächelt. Im genannten Fall könnte man also bei den Ablehnern ansetzen, um die Chance zu haben, das Potenzial der Marke besser auszuschöpfen.

Abb. 3: Exemplarischer Brand Marketing Funnel

Alle diese Modelle haben eines gemeinsam: Auf dem Papier sehen sie sehr linear aus – und werden oft auch so verstanden. Linear bedeutet: eine Stufe folgt logisch auf die nächste, und es gibt in dieser Logik kein Zurück. Kein Modell bildet die Wirklichkeit perfekt ab, das ist auch gar nicht der Anspruch eines Modells. Ein Modell soll die Realität vereinfachen und auf das Wesentliche reduzieren. Es soll helfen, relevante Analysen durchzuführen, die zu den richtigen Entscheidungen führen. Es geht also nicht um die perfekte Abbildung der Realität, sondern um die Reduktion von Komplexität. Diese Reduktion ist kein Problem, so lange die Modelle in der Lage sind, die relevanten Aspekte der Realität zu erklären. Lineare Customer-Journey-Modelle haben aber gewisse Unzulänglichkeiten, die durchaus problematisch sind.

Ein lineares Modell bildet z.B. verlorene Kunden nicht gut ab. Jemand, der eine Marke früher benutzt hat, dies aber nun aus vielleicht gutem Grund nicht mehr tut, wird in einem linearen Modell einfach zurückgestuft und in die gleiche Kategorie wie ein naiver Neukunde eingeteilt. Mit ihm müsste man anders kommunizieren als mit jemandem, der noch gar keine Produkterfahrung gemacht hat, aber dieser wichtige Unterschied verschwindet in der Vereinfachung des linearen Stufenmodells. Mit einem Produktsampling wird man einen frustrierten Ex-Kunden sicher kaum zurückgewinnen. In Zeiten des harten Wettbewerbs um Marktanteile ist das ein erhebliches Manko der linearen Modelle.

Ein anderes Problem ergibt aus dem definierten Endpunkt eines linearen Modells. Egal, welche Stufe man ans Ende einer linearen Customer Journey setzt – sie wird immer unzulänglich sein, denn tatsächlich ist die Reise ja nie vorbei. Irgendwie geht es nach dem Kauf und einer Empfehlung immer weiter: Nach dem Kauf ist immer auch vor dem nächsten Kauf. Auch der vermeintlich loyalste Kunde kann sich einmal über etwas ärgern und sich einer anderen Marke zuwenden.

Die einzige Lösung für dieses Problem ist, die Customer Journey in einem nicht-linearen Modell zu betrachten, als Reise ohne Endpunkt. ZenithOptimedia hat mit dem CX Loop ein solches nicht-lineares Modell entwickelt, welches als Analysegrundlage die lineare Betrachtungsweise nun ablöst. Grundlage des CX Loops sind drei miteinander verbundene Markenerfahrungs-Schleifen (vgl. Abb. 4)

Abb. 4: Der CX-Loop von ZenithOptimedia

Die erste Schleife beschreibt den Zustand zwischen „Non Awareness“ und „Awareness“. Hier ist die Aufgabe der Kommunikation, die Marke im Bewusstsein des Konsumenten zu verankern. Ist der Konsument sich der Marke schliesslich bewusst - und vergisst er sie nicht sofort wieder - ist das der Einstieg in die nächste Schleife, die den Zustand zwischen „Awareness“ und „Consideration“ beschreibt. Hier ist die Aufgabe des Marketings, die Marke für den Konsumenten so interessant und relevant zu machen, dass er sie für den nächsten Kauf der Produktkategorie in Erwägung zieht. Ist dieser Zustand erreicht, befindet sich der Konsument in der dritten Schleife – dem Zustand zwischen „Consideration“ und „Buy“. Hier ist die Aufgabe natürlich, den Kunden zum Kauf zu bewegen. Mit dem Kauf endet der Prozess aber nicht, sondern er geht immer weiter: das Produkt wird genutzt – dieses Stadium der dritten Schleife wird hier, ganz optimistisch, „Enjoy“ genannt. Der Konsument nutzt das Produkt, mit hoffentlich so grosser Freude, dass es, wenn es zum nächsten Kaufzyklus kommt, wieder in die „Consideration“ kommt und es hoffentlich wiederum gekauft wird. Denkbar ist aber auch, dass der Konsument sich für ein anderes Produkt entscheidet. In diesem Fall führt die Consumer-Journey aus Sicht Marke wieder zurück in den Awareness / Consideration-Loop. Von hier aus muss die Marke dann einen neuen Anlauf starten, aber auch der Abstieg in die Bedeutungslosigkeit des Vergessens ist denkbar. Von jedem Punkt im CX Loop aus ist die Reise an jeden beliebigen anderen Punkt möglich. Gerade deshalb ist der CX Loop linearen Modellen überlegen, denn er erfasst viel besser als alle bisherigen Modelle die immerwährende Dynamik der Customer Journey und ist somit ein probates Hilfsmittel, um die richtigen strategischen Massnahmen zu treffen.